Ein weiteres Thema, was uns in den Wochen vor Weihnachten sehr beschäftigt hat, war das Kinderschlagen. Wenn man in ein Land wie Uganda geht, stellt man sich irgendwie darauf ein, dass man das früher oder später mitbekommt. Die ersten Monate, wurden die Kinder hier im Kinderheim wirklich selten geschagen, doch vor Weihnachten hat es sich gehäuft.
Das war sehr hart. Abends saß ich auf unserer Türschwelle, um den Abend entspannt ausklingen zu lassen. Stattdessen höre ich, die mir liebgewonnen Kinder unter den Schlägen der Stöcke schreien. Weinend laufen sie raus, damit ihnen nicht noch mehr passiert. Eine Situation in der ich mich absolut hilflos gefühlt habe. Mir sind die Tränen gekommen, weil ich es schrecklich finde zu zusehen, dass die Kinder hier in ihrem Zuhause zum Teil so behandelt werden. Da die Kinder kein gutes Englisch sprechen, kann ich ihnen nicht einmal gut zureden, sondern kann sie nur in den Arm nehmen und versuchen zu trösten. Nach einiger Zeit muss ich sie trotzdem voller Angst zurück in ihre Zimmer gehen lassen. Absolut kein schönes Gefühl.
Nachdem es häufiger passiert ist (ohne, dass wir es bewusst gesehen haben (denn hier weiß jeder, dass wir das nicht gerne sehen)) und ich auch mit Malin länger darüber geredet habe, habe ich angefangen mich mit der gesetzlichen Situation auseinander zu setzten. Ich habe herausgefunden, dass Uganda teil der UN ist (die das Kinderschlagen verbieten) und so entschied ich mich mit John, unserem Projektleiter, ein Gespräch darüber zu führen. Unsicher wie er reagieren wird, bin ich in sein Büro gegangen, um meine Ängste und Sorgen zu kommunizieren. Zu meiner Überraschung war er sehr verständnisvoll und hat mir versichert, dass er das Kinderschlagen nicht tolerieren kann (sondern nur andere/harmlosere Erziehungsmethoden). Wir haben nach meinem Gespräch mit ihm (zusammen mit der Auntie Diana, die für die Organsierung des Kinderheims zuständig ist) uns eine Herangehensweise überlegt, um dieses Thema aus dem Weg zu räumen. Diana hat daraufhin mit den restlichen Aunties gesprochen, um ihnen das Kinderschlagen zu verbieten und stattdessen andere Erziehungsmethoden mit auf den Weg zu geben. Wenn die Kinder geschlagen wurde, war es meistens aufgrund der Gefühle der Aunties oder andere Klenigkeiten, die die Kinder falsch gemacht haben. Es war wichtig, den Aunties zu zeigen, dass sie die Kinder erziehen können ohne zum Stock zu greifen.
Es ist noch sehr üblich in Uganda, dass Kinder in den Schulen geschlagen werden. Auch da ist es absolut nicht verantwortbar (und von John auch nicht gewollt), aber meiner Meinung nach eine andere Situation im Gegensatz zum Kinderheim. In der Schule haben die Kinder zuzuhören und das Schlagen ist hier oftmals leider die einzige Möglichkeit sie dazu zubekommen. Das Kinderheim sollte für die Kinder aber ein Ort sein, in dem sie sich sicherfühlen und ein Zuhause haben können. Das war/ist mir wahnsinnig wichtig, weswegen es gut ist das sich da jetzt etwas tut.
Ich war über das Verständnis, das ich von allen Seiten bekam sehr erleichtert und dankbar. Es war mir wichtig dieses Thema anzugehen. Einerseits aus Selbstschutz, weil es mich zutiefst traurig gemacht hat und andererseits, um den Kindern ein sicheres Zuhause in diesem Kinderheim zu ermöglichen. Bisher waren die Gespräche sehr erfolgreich (wobei wir das weiter beobachten müssen, da nach dem Gespräch relativ bald Weihnachten und unser Urlaub kam).

Unsere Ansammlung von Schlagstöcken aus den Kinderzimmern (da sind leider noch einige dazugekommen).